EMBMV: Variationen der Diskettenspiele
hausautor
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Variationen der Diskettenspiele #11340
Variationen der Diskettenspiele
Wenn Sie 70 oder 80 Jahre alt sind, dann kennen Sie Diskettenspiele. Falls Sie Student sind,
oder Teenie, oder gerade die kritischen 30 Jahre erreicht haben, dann kennen Sie weder Disketten,
noch Diskettenspiele. Jeder Youngster wird beim Spielen auf ein Handy oder auf ein
Internet zugreifen. Fertig, und Ballern, Spass. Aber das Internet gibt es erst seit
1980. Und richtig in Schuss gekommen ist es erst 1990. Vor dem Internet hat man ganz
kompliziert mit dem Modem Daten durch die Telefonleitung gespült. Und das haben auch nur
die Profis hinbekommen. Ein Laie hat da gar keine Chance. Deswegen, gespielt wird
immer, gab es damals Diskettenspiele. Wie hat das funktioniert? Wer spielt denn, und hat den
ganzen Tag Zeit? Das sind die Schüler und die Studenten. Also nimmt man den 286er
Rechner, damals hochmodern, und steckt die Diskette rein. 5,25 Zoll, oder noch moderner, 3,5
Zoll Diskette, mit gigantischen 720 Kilobyte Speicherplatz. Heute geht man hin, loggt sich
ein, und ballert mit den Kumpels aus Korea und Peru mit dem Egoshooter für den Frieden.
Kein Aufwand, keine Fussbewegung, und der warme Ofen ist in sicherer Nähe. Aber 1979
will man ja auch spielen. Und das hat folgendermassen funktioniert. Man kauft sich die
Diskette mit dem Spiel in einem der seltenen Computerläden, und achtet darauf, dass sie auf
MS-DOS passen. Damals gab es weder einen Mac noch einen Google Chrome, geschweige denn CD
oder Stick. Also: Diskette reinstecken, Name vom Spiel eintippen, und schon ging es los, vor
allem mit Schach, aber auch Risiko oder Diplomacy oder Skat. Der Spieler hat nun seine
Züge durchgeführt, zum Beispiel beim Computerschach den weissen Bauern gezogen. Und
jetzt wird die Diskette aus dem Computer herausgenommen, in die Schultasche gepackt, und am
nächsten Tag dem Kumpel gegeben. Der wiederum steckt die Diskette in seinen Rechner,
sieht den neuen Spielstand, also beim Schach den Bauern, der von weiss gezogen worden ist, und nun
macht der zweite Spieler mit der Farbe schwarz den zweiten Schachzug. Das wird wieder auf der
Diskette gespeichert. Damals hatten die meisten Rechner nichtmal eine Festplatte. Das
war viel später. 60 Megabyte, und nichtmal ein Pentium in Sicht. Das war aber das
Minimum. Das Maximum war, dass man seinen Spielzug am Rechner macht, und dann die Diskette
per Post an den Kumpel schickt, auch ins Ausland. Im Prinzip eine digitale
Brieffreundschaft. Egal ob es um Schach oder Risiko oder sonst ein Spiel ging. Das
heisst, man hat gespielt, die Diskette an den Kumpel geschickt, oder an einen Spielleiter, und so
hat sich das Spiel auf der Diskette immer weiter entwickelt. Natürlich ist das zäh,
und teuer, und schwierig, und man muss technische Ahnung haben. Aber, es gab halt nichts
anderes. Kein Upload, oder Emails - einfach nicht vorhanden. Das war jetzt ein langes
Vorwort, aber nötig. Oder spielen Sie Diskettenspiele? Und solche Spiele kann man
sammeln. Und sie sind meist wertvoller für Sammler als neue Spiele. Deswegen gibt
es auch zwei Märkte für Diskettenspiele: entweder das Original aus dem Laden, das heisst,
jungfräulich können Sie das Spiel auch noch spielen, oder Sie kaufen gespielte
Spiele. Können also nachvollziehen, wie damals Schach gespielt worden ist. Und
wenn Sie von den Profispielern Diskettenspiele erwerben, dann können Sie ganz schön viel
Kohle machen. Da wir mehrmals das Schach erwähnt haben, suchen Sie vor allem die
Klassiker der Brettspielwelt. Denn diese sind am häufigsten gespielt worden. Auch
weil es wenig Aufwand war, sie zu programmieren, und sie weltweit verstanden werden. Auch
heute noch werden Sie in Argentinien oder Indien oder Bulgarien in jedem Cafe einen Schachspieler
finden. Und ohne Sprachkenntnisse können Sie mit ihm spielen. Und das war damals
auch die Faszination der Diskettenspiele. Allerdings muss man zugeben, dass auch damals
Erwachsene über 30 Jahren an so etwas kein Interesse hatten. Weniger zum Sammeln, weil
nur exotisch, aber zum Selbstbegeistern, sind selbstgeschriebene Diskettenspiele aus jener
Zeit.
(Hochgeladen am 2.8.2018)
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